Rinetta Klinger

Was möchtest Du gerade?

Mein Gefühl ist, wir sitzen gerade weltweit alle in Fliegern, die abgesackt sind und die Panik an Bord ist gross. Der Pilot und die Bordcrew gibt ständig Anordnungen heraus, wie wir uns zu verhalten haben.
Der Grundtenor ist: bewahrt Ruhe.

Atmet tief ein und aus.

Spuckt den Nachbarn nicht an. Fasst ihn nicht an.
Vor allem: beschäftigt Euch NICHT mit dem eventuellen Absturz.

Noch ist der Flieger in der Luft.

Hör auf, auf die Flieger der Nachbarländer zu schauen.
Ist da schon jemand tiefer?
Ist der Gesundheitszustand der Passagiere dort schlimmer?

Welche Risikogruppe bin ich?

Was wenn der Flieger doch landen kann- bin ich dann noch am Leben und habe etwas zu essen?
Was ist mit meinem Besitz?

Dieser Virus macht uns alle gleich sagen viele-
und auch wieder nicht, sage ich.

Jetzt ist gut dran, wer sein Leben lang bereits wusste- im Leben gibt es keine Sicherheit.

Ausser den eigenen Seelenfrieden.

Habe ich den, fühle ich mich sicher, in jeder Situation.

Ich bin sehr religiös aufgewachsen. Habe mich, als ich begann dies zu hinterfragen, immer gewundert, warum genau diese sich so gottesfürchtigen Menschen so oft fürchteten?

Vielleicht weil sie es im Namen schon trugen und sich so nannten?
Gottesfürchtig.
Furcht vor Gott. Da Gott das Leben ist, Furcht vor dem Leben.

Für mich bedeutet glauben, fest in Gott aka dem Leben verwurzelt zu sein.

Was kann mir passieren?

Ich könnte am Ende sterben.

Ich werde am Ende sowieso sterben.

Ersticken ist kein schöner Tod schrieb mir gestern eine Freundin.

Ja, was wir davon wissen und wie es dargestellt wird und wenn wir in Panik geraten, weil wir keine Luft mehr bekommen – nicht.

Andrerseits, was weiss ich wirklich vom ersticken?
Wenn ich es nicht erlebt habe?

So, so viele Frauen z.B. bringen ihre Kinder unter grossen Schmerzen zur Welt.

Sie verkrampfen sich bei jeder Schmerzwelle und so wird es noch schlimmer.

Dann gibt es Frauen, die bereiten sich auf die Entbindung mit Atemübungen, Hypnose und Training vor. Und deren Geburt ist ganz anders.

Auch mir bereitet der Gedanke ans Ersticken kein Wohlgefühl, ich weiss aber auch, dass das darin liegt, weil ich niemand kenne, der bei einer Lungenkrankheit, sich schon vorher vorbereitet hat auf sein Ende.

Ganz abgesehen davon, dass heute, jemand dem im Krankenhaus einen Tod durch ersticken bevorsteht,  durch Medikamente begleitet wird, die grosse Erleichterung bringen.

Wie wichtig das ist. Die Vorbereitung auf unser Ende.
Das kommt für jeden.
Und der Tod ist der Schwerste, wenn jemand nicht gehen will.
Wenn jemand Angst hat zu gehen.

Wir, als Gesellschaft, haben die letzten Jahre, so komplett das Gehen aka Sterben negiert.

Unser ganzes medizinisches System ist inzwischen nicht mehr auf Lebenserhaltung ausgerichtet sondern auf Sterbensvermeidung.

Und das ist nicht dasselbe.
Jemand unter allen Umständen am Leben zu erhalten, selbst wenn der Mensch nur noch an Maschinen hängt, ist Sterbensvermeidung.

Ist das sinnvoll?

Gerade hier in Deutschland traut sich kaum jemand etwas über das-am-Leben-erhalten um den Preis, zu sagen. Mit unserem Hintergrund der Geschichte der Euthanasie & Co. sagte gestern meine wundervolle Hausärztin (entspannt, ruhig, keinerlei Corona Anspannung).

Erneut bin ich von tiefer Dankbarkeit erfüllt, wenn ich an den Abschied von meiner Mamuschka denke. So, dankbar, sie hatte einen schnellen Tod. Für uns zu schnell, keine Frage, der Moment des Abschieds, war sehr, sehr schwer. Und doch jetzt- mit dem Abstand von einigen Monaten, finde ich mehr und mehr Gründe für Dankbarkeit für diesen abrupten Abschied. Auch hätte sie Corona & die Folgen zutiefst besorgt und verunsichert. Sie war jemand, der ständig unterwegs war. Mir sie über Wochen in der Wohnung vorzustellen, trotz Garten- da sehe ich sie jetzt mit viel mehr Freude als meine unsichtbare Begleiterin.

Das kann eine gute Zeit sein, sich konstruktiv mit dem Thema Abschied zu beschäftigen.

Zu starten über den Tod & Abschied nachzudenken und dann darüber zu sprechen.

Statt auch das wieder zu verdrängen und der Angst und Panik nachzugeben.
Der Angst vor dem Virus und einem potentiell möglichen, schweren Verlauf.
Der Sorge, wie lange dauert das noch an und was wird danach sein.
Mit meinem Besitz? Wenn ich keinen habe, was wird dann sein? Wovon lebe ich?

Stattdessen kannst ich die Zeit jetzt bewusst konstruktiv nutzen.

Darüber nachdenken wie will ich JETZT leben, den Abschied vieler Menschen vor Augen.

Wie will ich leben solange ich nich lebe?
Wie möchte ich mich fühlen?

Ich weiss wie ich mich fühlen möchte.
Ich möchte früh am Morgen vor dem Wecker voller Freude aufwachen am Leben zu sein.
Die Vögel draussen jubilieren zu hören und mich von ihrer Sorglosigkeit und Lebensfreude anstecken zu lassen.
Direkt zu danken für das was ich habe: ein wundervolles Bett, Ruhe, die Sicherheit in einem wohlhabenden Land zu leben, mich bewegen zu können & direkt auch alles zu bewegen. mich zu dehnen und strecken.
Dankbar zu sein, dass ich in den vergangenen Jahren als Künstlerin so oft nicht wusste wie ich meine Rechnungen bezahle und sie dann immer bezahlen konnte.

Dankbar, dass ich, seit ich es trainiere mich auf das zu fokussieren, was ich möchte, auch das bekomme was ich möchte und am wichtigsten, mich auch so fühle wie ich möchte.

Und Du? Wie möchtest Du Dich fühlen? Von morgens bis abends?

Ich wende mich bewusst ab, von der Angst und Panik, wenn ich mich bewusst zur Ruhe und Gelassenheit hinwende.

In den Momenten, in denen es sehr herausfordernd ist,
erinnere ich mich an meine Atmung.

Ich beobachtete wie mein Atmen von allein fliesst,
dann vertiefe ich bewusst langsam meine Atmung.

Ich kann meine Atmung bewusst steuern.

Tiefes Atmen hilft, das Stresslevel zu senken, somit Angst und Anspannung zu verringern.
Dadurch werden Signale ans Gehirn gesendet, um zu entspannen und sich zu beruhigen.
Regelmäßige Atemübungen reduzieren die Menge des (Stress)Hormons Cortisol.
Dies wiederum reduziert Stress und hilft in schwierigen Situationen die Ruhe zu bewahren.

Und es erhält uns am Leben.

Das Atmen.

Interessant das COVID-19 in schweren Fällen auf die Atmung geht.

Wenn wir uns mit dem grundlegendsten, lebenserhaltenden Mechanismus an sich, dem Atmen zuwenden,  uns damit konstruktiv beschäftigen und es anwenden, verändern wir unser Leben.

Wenn nicht jetzt, wann dann?

Scroll to Top